Allein das Wasser fehlt
Wie Ihr bestimmt über die Presse und aus unseren Mitteilungen erfahren habt, leidet unsere Region, wie übrigens der ganze Occidente Zentralamerikas, unter einer katastrophalen Dürreperiode. Konkret heißt das für unsere Region, dass die erste Regenzeit (normalerweise von Mitte Mai bis September ) fast ganz ausgefallen ist. Man muss die immer länger werdenden Trockenzeiten mehr und mehr unter der Rubrik "weltweiter Klimawandel" einordnen. Das heißt wiederum, dass unsere Region immer stärker unter permanentem Wassermangel leidet und leiden wird. Dies führt zu verheerenden Hungerkatastrophen, die vor allem in den Ländern Guatemala, El Salvador und auch Nicaragua zu den ersten Hungertoten führte.
In unserer Partnerregion sind bisher noch keine Hungertoten zu beklagen. Allerdings führte diese Dürre zu Ernteverlusten vor allem bei den Grundnahrungsmitteln bis zu 80%! Dadurch sind auch in unserer Region zahlreiche Kleinbauern in ihrer Existenz bedroht. Denn bisher konnten aus Geldmangel noch nicht alle Interessenten in unser Programm "Integrierte Armutsbekämpfung" (spanische Abkürzung: PRODISA) aufgenommen werden, durch das bisher über 1000 Familien ihre Monateinkommen deutlich steigern konnten. An dieser Stelle möchten wir euch noch mal darauf hinweisen, dass jede von euch gespendete Mark (jeder Euro) durch die EU-Gelder in Nicaragua vervielfacht werden kann. Das wiederum bedeutet konkret eine Linderung der Hungerkatastrophe.
Unser Projekt steuert also direkt gegen die Auswirkungen der Dürre und unterstützt massiv gerade die Familien, deren Ressourcen zur Selbsthilfe am geringsten sind. Andererseits hat die Dürreperiode für unser EU-gefördertes Projekt "PRODISA" einschneidende Folgen, wie wir im folgenden Bericht von Franz erkennen können.
Danach zählt das Projekt "Einkommenverbessernde Maßnahmen für Kleinbauern" inzwischen fast 1500 eingeschriebene Familienoberhäupter. Etwa tausend Familien nehmen schon aktiv an den verschiedenen Modulen teil, teilweise gleichzeitig an verschiedenen Modulen, was auch erwünscht ist.
Im Ackerbau beteiligen sich inzwischen fast 400 Familien (davon 1/3 mit weiblichem Familienoberhaupt), obwohl nur 320 Familien in dieser Komponente anvisiert waren. Dies liegt vor allem daran, dass die einzelnen Familien nur wenig Land besitzen und somit das vorhandene Saatgut auf mehr Familien verteilt werden kann. Aber auch die Nachfrage der Familien ist riesengroß, vor allem wegen der Grundnahrungsmittelknappheit, die die Dürre provoziert. Rund 300 Familien sind in der Hühnerhaltung eingeschrieben, 70 Familien in der Schafhaltung und etwa 360 Familien sind im Gemüsebau integriert.
In der Aufforstung haben wir inzwischen auch mehr aktive Familien (136) als vorgesehen. Beim Bananenanbau sind wir mit 218 teilnehmenden Familien ebenfalls weit über die vorgesehene Teilnehmerzahl von 100 Familien hinausgewachsen. Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren schon häufig aufgetretenen Dürren haben wir im Frühjahr bewusst darauf verzichtet, auch schon verbessertes Saatgut für Bohnen, Mais und Hirse zu verteilen. Wie die Erfahrungen jetzt zeigen, haben wir dadurch einen großen Schaden vermeiden können. Mittlerweile sind diese Aktivitäten aber für weitere 300 Familien angelaufen. Aber auch hier ist die Nachfrage riesig, da viele Kleinbauern aufgrund der Missernte im Herbst keinerlei Saatgut mehr zur Verfügung haben.
Dieses verbesserte Saatgut, das wir bisher an 300 Familien verteilten, hat nicht nur den Vorteil, dass höhere Erträge pro Hektar erzielt werden, sondern auch die benötigte Vegetationsperiode sowie der Wasserbedarf und damit die Dürreanfälligkeit geringer sind. Langfristig soll durch dieses verbesserte Saatgut das Klimarisiko gemildert werden. Inzwischen sind alle großen Verteilungsaktionen komplett abgeschlossen.
Die Tiere sind verteilt und die Samen für die verschiedenen Kulturen sind ausgesät. Aufgrund erster Regenfälle hoffen wir, dass es bei den begünstigten Familien nicht zu Ernteausfällen im größeren Umfange kommen wird. Glücklicherweise hat es beim Gemüseanbauprogramm nur fünf Totalausfälle gegeben, da wir verstärkt bei den Kleingärten auch Bewässerungsmöglichkeiten geschaffen oder angeregt haben. Das Problem liegt also eindeutig in der Wasserzufuhr, auf welchem Wege auch immer. Unter anderem wurden bisher 8 Schnurpumpen installiert und viele PVC-Rohre verteilt, damit die Familien künstl. Bewässerungsmaßnahmen durchführen können. Perspektivisch muss dieser Bereich weiter ausgebaut werden.
Zusätzlich wurden auf der Demofinca etwa 1000 qm modellhafte Tröpfchenbewässerung installiert, die von den Bauern zu einem erschwinglichen Preis nachgebaut werden könnte. Leider können nicht alle Felder der Region künstlich bewässert werden, denn damit würde der ohnehin schon gefallene Grundwasserspiegel weiter sinken, was die Gesamtvegetation der Region stark in Mitleidenschaft ziehen würde. Dies würde wiederum das Mikroklima weiter negativ verändern. Für unsere Arbeit in Nicaragua heißt das, dass wir uns künftig mit dem Problem der künstlichen Bewässerung und des Wassermanagements viel stärker auseinandersetzen müssen.
Die Dürre provoziert auch in den Bereichen Baumschulen und Energieholzpflanzungen Einschränkungen. Noch kann das Ausbringen der Baumpflanzen hinausgezögert werden. Das Wasserproblem besteht nach der Auspflanzung der Jungbäume aber weiter. Die für dieses Jahr angepeilten Auspflanzungen von mindestens 5000 Fruchtbäumen werden wir wahrscheinlich nicht ganz umsetzen, da es bisher zu trocken war.
Im Bereich Kleintierhaltung meldet Franz nur Positives: Die Tiere sind alle markiert und geimpft. Sterberate und Reproduktionszyklus befinden sich im normalen Rahmen. Während die Dürre im Agrarbereich große Schäden anrichtet, begünstigt sie andererseits die Aufzucht von Jungtieren, weil durch das Fehlen der Regenzeit die typischen Tierseuchen keine Chance zur Ausbreitung haben.
Zur Verwaltung des Projektes:
Mittlerweile sind siebzehn bezahlte Kräfte an der Umsetzung des Projektes beteiligt. Die Betreuung der Begünstigten durch die Promotoren scheint ebenfalls gut zu laufen. Hier zeigte sich allerdings, dass nicht alle Promotor(inn)en hundertprozentig des Schreibens und Lesens mächtig sind und auch das Rechnen einigen schwer fällt. Diese Lücken werden jetzt in Samstagskursen, den "Cursos Sabatinos", mit Erfolg gefüllt.
Die Workshops werden gut von den Begünstigten angenommen. Bestehende Wissenslücken können durch die ständige Anwesenheit der Promotor(inn)en in den Dörfern auch außerhalb der Workshops abgedeckt werden, die bisher die Grundthemen abgedeckt haben wie z.B. Umgang mit Hühnern und Schafen, Anlegen von Baumschulen und Gemüsegärten, ökologischer Umgang mit Plagen, Eigenproduktion von Humus unter Mithilfe von so genannten Rassewürmern und viele andere Themen. Weitere Themen, auch der "Cursos sabatinos", werden Terassenanbau, Bodenerosionsschutzmaßnahmen, organischer Dünger und Insektizide, Erstellung kleiner Bewässerungsanlagen, sein Erfreulicherweise hat sich herausgestellt, dass gerade in der Subkomponente organischer Dünger sich eine Überproduktion ergibt, so dass sich die Bauern hier eine neue Einnahmequelle erschließen können, nämlich den Verkauf von Humus. Hier zeigt sich, dass durch das Projekt teilweise nicht vorhersehbare neue Einkunftsquellen entstehen.
Seit Mitte September läuft der Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten von den Feldern der Begünstigten. Der Verkaufsstand befindet sich vorerst im alten Büro in San Rafael del Sur. Es wird aber ein weiterer fester Verkaufsstand im Ortskern von San Rafael gesucht. Die Bürgermeister werden auch dieses Projekt unterstützen.
Im Oktober wird dann wieder ein großer Bauernmarkt durchgeführt. Somit ist der Bogen von der Aussaat bzw. der Aufzucht von Kleintieren bis hin zum Verkauf fertig gespannt. Die Erhöhung der Einkommen der Kleinbauern kann dadurch nachvollzogen werden. Ob wir jedoch allen Anfragen nach Aufnahme in das Programm entsprechen können, wird vom weiteren Eingang von Spenden abhängen. Dabei bietet dieses Programm die große Chance, dass die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen nicht nur verbesserte Einkommensmöglichkeiten haben, sondern durch die Diversifizierung der Produktion auch die Auswirkungen von Dürren minimiert werden und diese nicht mehr extrem existenzbedrohend sind. Wir bitten im Namen der Betroffenen um Unterstützung.