Vereinsgeschichte

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Ausgangssituation in Nicaragua ...

Am 19. Juli 1979 siegt in Nicaragua die sandinistische Revolution. Der erfolgreiche Volksaufstand unter der Führung der FSLN (Sandinistische Front zur Nationalen Befreiung) hat der jahrzehntelangen blutigen Diktatur der Somozas ein Ende bereitet.

... und in Berlin-Kreuzberg

In Berlin-Kreuzberg gibt es zur gleichen Zeit zahlreiche Menschen, die mit Interesse und Sympathie die Entwicklung in Nicaragua begleiten. Vertreter_innen von Jugendverbänden, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und viele nicht organisierte Menschen schließen sich Anfang der 80er Jahre zusammen, um mit der Durchsetzung einer Städtepartnerschaft den emanzipatorischen Prozess in Nicaragua zu unterstützen. Der 1984 gegründete Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft will eine Gegenöffentlichkeit zur negativen Berichterstattung der Massenmedien über Nicaragua schaffen, gegenseitige Besuche in der Partnerstadt organisieren und die Berliner_innen über die politische, wirtschaftliche sowie militärische Lage in Nicaragua im so genannten Contra-Krieg gegen die Revolution aufklären.

 

Der Bezirk Kreuzberg liegt im damaligen amerikanischen Sektor der Stadt und hat einen Bürgermeister von der CDU, deren Kanzler Helmut Kohl die Wirtschaftshilfe für Nicaragua, die von der vergangenen Regierung aus SPD und FDP bereits zugesagt worden war, einfriert. Diese Situation und der Umstand, dass die USA den Krieg der Contras finanziell, logistisch und militärisch unterstützen, bestärken viele Kreuzberger_innen in ihrem Willen, die positiven Veränderungen in Nicaragua mittels einer dauerhaften Partnerschaft zu unterstützen.

 

Unterzeichnung der Städtepartnerschaft

Auf Vorschlag der nicaraguanischen Regierung wird im Mai 1984 Kontakt zum Landkreis San Rafael del Sur aufgenommen, der bis dahin noch keine internationalen Partner hat und von der Regierung weniger Unterstützung erhalten kann als die größeren Städte und die Kriegsgebiete im Norden des Landes. Der Verein legt deshalb auf eine Partnergemeinde im ländlichen Gebiet großen Wert.

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Ende 1985 stimmt die Bezirksverordnetenversammlung Kreuzberg einer Städtepartnerschaft mit San Rafael del Sur mit den Stimmen von SPD und Alternativer Liste zu. Anlässlich des Besuchs des Bürgermeisters Edmundo Gutiérrez aus San Rafael del Sur Anfang 1986 werden, gegen den Widerstand der CDU, die bereits bestehenden Verbindungen zwischen Berlin-Kreuzberg und San Rafael del Sur mit der Unterzeichnung der Urkunde offiziell besiegelt.

 

 

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Brigadist*innen und Nicas

Umsetzung der ersten Projekte

Mit der offiziellen Vereinsgründung und der Besiegelung der Städtepartnerschaft wurden die ersten Projekte realisiert. Zunächst konnte ein wachsender Spenderkreis vieles aus Eigenmitteln finanzieren.

 

Die Ideale der sandinistischen Revolution waren vor allem: Die Alphabetisierung, Gesundheitsversorgung und Emanzipation für die ganze Bevölkerung zu ermöglichen. Der Bau einer Nähkooperative sollte Frauen eine eigene Einkommensquelle verschaffen. Schul- und Vorschulbauten wurden verwirklicht und in Absprache mit den staatlichen Stellen die Lehrer*innen finanziert.

 

Wesentliches Merkmal der Vereinsarbeit war die Entsendung von freiwilligen Arbeitsbrigaden. Diese lebten und arbeiteten gemeinsam mit der Bevölkerung an dem jeweiligen Projekt. Dadurch entstanden viele Freundschaften und die Identifikation mit der Projektarbeit verstärkte sich.

Weiterer Schwerpunkt wurde die Versorgung mit sauberem Trinkwasser. Gemeinsam mit den Dorfbewohner*innen wurden Gräben für Wasserleitungen und Hochbehälter ausgehoben.

 

Die Strukturen festigten sich. Franz Thoma hatte sich als Ingenieur entschieden, die Projekte vor Ort zu koordinieren und dauerhaft im Land zu bleiben.

 

Als 1990 die FSLN die Wahlen verlor und gleichzeitig ein Großprojekt für Trinkwasser über die EU gefördert werden konnte, kam es zu vielen Grundsatzdiskussionen.

 

Die Projektarbeit wurde fortgeführt und die Zivilgesellschaft gestärkt. Mit der Gründung der NGO „Zentrum für ländliche Entwicklung (CEDRU)“ entstand vor Ort ein dauerhafter Partner. Damit festigte sich eine gewisse Unabhängigkeit von staatlichen Stellen und die Projektarbeit wurde unter den verschiedensten Regierungskonstellationen stabil weiterentwickelt.

Entwicklung ab den 2000er Jahren

Ab den 2000er Jahren hat der Verein neben der politischen Arbeit viele kulturelle Aktivitäten realisiert. Die Teilnahme am Karneval der Kulturen, Organisation von Konzerten und Lesungen sind bis heute Bestandteil der Vereinsarbeit. Dazu hat sich die Copa San Rafael als jährliches Benefizturnier im Kreuzberger Kiezfußball etabliert.

Aus den Arbeitsbrigaden sind Austauschprogramme geworden. Diese werden überwiegend mit dem Bundesprogamm „Weltwärts“ in Zusammenarbeit mit den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten (IJGD) organisiert. Dadurch haben junge Menschen heute die Gelegenheit, viel länger im Land zu bleiben und in Schulen und anderen Einrichtungen zu arbeiten. Ebenso gelingt es immer häufiger, junge San Rafaeleñ@s nach Berlin zu holen, um ihnen ein Kennenlernen der hiesigen Arbeitswelt zu ermöglichen.

Die komplizierte politische Situation seit 2018 hat mit der Festnahme von politischen Gefangenen und deren Ermordungen die Beziehung zu staatlichen Stellen sehr belastet.

Zeitgleich musste der Verein neue Strukturen aufbauen. Franz Thoma starb einen Tag bevor die Aufstände gegen die Regierung begannen.

Die Corona-Pandemie ist in Nicaragua ausgebrochen als das Projekt zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung durchgeführt wurde. Der Verein konnte somit schnell mit ergänzenden Maßnahmen die Menschen vor Ort unterstützen.

Die gegenwärtige Vereinsarbeit ist wesentlicher Bestandteil der beiden Zivilgesellschaften.