Ein weiterer Schritt voran – unser Konzept der integrierten Armutsbekämpfung wird gefördert

Wie in der letzten Ausgabe des Atabal (Nr. 42) dargestellt, haben wir seit 1997 unsere Arbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen durch Maßnahmen im Agrarbereich ausgeweitet. Ausgelöst durch Naturkatastrophen, wurden erste kleinere Maßnahmen in diesem Bereich umgesetzt. So haben wir Gemüseanbau gefördert, verbessertes Saatgut für Bohnen und Hirse verteilt, Ausbildungskurse zu verbesserten Anbautechniken, dem Einsatz organischen Düngers und Schädlingsmitteln realisiert, Möglichkeiten der Direktvermarktung verbessert. Vor allem alleinerziehende Frauen wurden unterstützt, um ihnen neue und stabile Einkommensverhältnisse zu ermöglichen. Wir haben für fast 500 Begünstigte Möglichkeiten zur Kleintierhaltung in Form revolvierender Fonds geschaffen. Hierbei erhalten die Familien Hühner, Schafe oder Schweine und zahlen diesen Naturalkredit zurück, indem sie einen Teil des Tiernachwuchses zurückgeben. Dieser fließt dann in einen Fonds ein und wird wieder verteilt. Diese Maßnahmen wurden durch Aktivitäten im Bereich zur Wiederaufforstung und Erhalt der natürlichen Ressourcen ergänzt.

So hatten wir in den vergangenen Jahren genug Erfahrungen gesammelt, um dem Wunsch der Bevölkerung nachzukommen, dieses Programm inhaltlich und bezüglich der Zahl der Begünstigten auszuweiten. Dazu war aber notwendig, eine zusätzliche Förderung zu erhalten, da für eine entsprechende Steigerung der Aktivitäten das Spendenaufkommen nicht ausreicht. Positiv war auch, dass sich mittlerweile durch die vielen Kleinprojekte im Vorfeld ein fester Stamm ehrenamtlicher Multiplikatoren herausgebildet hatte, die andere Kleinbauern anleiten können.

So sahen wir im Sommer 2000 die Voraussetzungen als gegeben, bei der Europäischen Union einen Antrag auf Förderung dieses Konzeptes der integrierten Armutsbekämpfung zu stellen, nachdem wir uns in kürzester Zeit in die neuen Antragsrichtlinien eingearbeitet hatten. Im Herbst hatten wir dann die erste positive Überraschung, als uns mitgeteilt wurde, dass wir zu den 30% der Gruppen gehören, die einen ordnungsgemäßen Antrag entsprechend der neuen Planungs- und Antragsrichtlinien abgegeben haben. Kurze Randbemerkung: bei entsprechenden Schulungskursen im Sommer 2000 waren wir die einzige ehrenamtlich arbeitende Gruppe, die plante, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Im Dezember wurde dann unser Antrag genehmigt, so dass wir seit 1.1.2001 mit den entsprechenden Maßnahmen beginnen konnten.


Hauptziele dieses 3-Jahre-Projektes sind:

  • Weiterer Ausbau sozialer Basisdienste und einer Basisinfrastruktur in den Bereichen Gesundheit, Bildung, sauberes Trinkwasser und Zugang dazu gerade für die benachteiligte Landbevölkerung ;
  • Erhaltung und Schutz der natürlichen Ressourcen, insbesondere Wasser, Wald, Boden;
  • Verbesserung der Erwerbsmöglichkeiten für die ländliche Bevölkerung durch Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft, Diversifizierung des Anbaus, verbesserte Vermarktungsmöglichkeiten, gezielte Förderung der Kleintierhaltung und Schaffung alternativer Einkommensquellen;
  • Reduzierung der Anfälligkeit gegenüber Naturkatastrophen durch Diversifizierung der Einkommensquellen;
  • Förderung der Selbstorganisation und Eigentätigkeit der Landbevölkerung und ihre aktive Einbeziehung in Veränderungsprozesse unter Berücksichtigung der unterschiedlichen sozialen Gruppen;
  • Gezielte Förderung von Frauen zur Stärkung der Chancengleichheit als Voraussetzung für nachhaltige Entwicklungsprozesse im ländlichen Raum;
  • Gezielte Verbesserung der Lebensbedingungen gerade für besonders benachteiligte Gruppen, wie Frauen, Kinder und landarme Kleinbauern;
  • Stärkung von Gruppen der Zivilgesellschaft und von nationalen Nichtregierungsorganisationen.

 

Diese Unterziele bündeln sich in dem Anspruch einer gezielten Armutsbekämpfung und Förderung der ländlichen Regionalentwicklung sowie der Stärkung der Zivilgesellschaft als wesentlichem Element einer demokratischen Gesellschaft. Daher werden wir in den nächsten drei Jahren Maßnahmen in den folgenden Bereichen realisieren:

  • Förderung der Kleintierhaltung und Ausbau revolvierender Fonds insbesondere für alleinerziehende Frauen und Kleinbauern mit wenig Land (unter 5 ha); nach drei Jahren sollen 1.200 Familien über dieses Programm ihre Einkommenssituation verbessert haben;
  • Förderung der Anlage von Hausgärten für den Gemüseanbau; hierbei sollen 400 Familien mit wenig Land, insbesondere alleinerziehende Frauen, unterstützt werden;
  • Verbesserung des Bohnenanbaus bei 240 kleinbäuerlichen Familien durch Bereitstellung verbesserten Saatgutes, Realisierung verbesserter Anbautechniken, organischer Düngung und Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen; auch hier wird ein revolvierender Fonds aufgebaut, um diese Zahl der Begünstigten ständig zu steigern;
  • Das Gleiche soll bei 960 Familien realisiert werden in den Bereichen Mais- und Hirseanbau, wo dann auch ein revolvierender Fonds zur Verfügung steht;
  • Weitere 100 Familien werden im Bereich Bananenanbau gefördert;
  • Alle Maßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich werden begleitet durch kontinuierliche Ausbildung und Weiterbildung aller Beteiligten, so dass jeweils auf Dorfebene entsprechende Berater(innen) zur Verfügung stehen;
  • Lagerhaltungs- und Direktvermarktungsmöglichkeiten werden ausgebaut, um die Erlöse der Bauern zu steigern, den Zwischenhandel auszuschalten;
  • Erstmalig wird im Projektgebiet ein kleines Labor für Bodenuntersuchungen und Identifikation von Pflanzenschädlingen und Pflanzenkrankheiten aufgebaut;
  • Fortsetzung der Wiederaufforstungsmaßnahmen mit Schwerpunkten in den Bereichen der Anlage von Windschutzstreifen und des Schutzes von Wassereinzugsgebieten; zur weiteren Einkommensverbesserung sollen 50% der Bäume Obstbäume sein; hier werden weitere 350 – 400 Familien integriert;
  • Fortsetzung unserer Maßnahmen zur Verbesserung der ländlichen Grundschulbildung. Hier liegen Schwerpunkte in den Bereichen Reparatur und Neubau von Schulräumen; Verbesserung der Ausstattung mit Unterrichtsmaterialien und neu soll auch die Fort- und Weiterbildung von Grundschullehrer(innen) sowie die Alphabetisierung von Erwachsenen gefördert werden;
  • Fortsetzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung sowie der Verbesserung der Basisgesundheitsversorgung;

Ergänzung dieser Maßnamen durch den Aufbau eines regionalen Menschenrechts- und Beratungszentrums, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich über ihre Rechte zu informieren und diese auch juristisch durchzusetzen.

Damit integriert dieses Projekt unterschiedliche Maßnahmen, um zu einer klaren Verbesserung der Einkommens- und Lebensverhältnisse im ländlichen Raum zu gelangen. Auch die jeweils beteiligten Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sollen sich an verschiedenen Komponenten des Projektes beteiligen, um eine nachhaltige Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu erreichen. Allein in den ersten fünf Wochen des Jahres 2001 haben sich bisher 800 Familien aus 36 Dörfer gemeldet und möchten teilweise an bis zu vier Komponenten dieses Programms partizipieren. Alle verpflichten sich dabei vertraglich, an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, ihre Kenntnisse an andere weiterzugeben und einen Teil der Ernte oder des Tiernachwuchses in einen Fonds fließen zu lassen, damit im Laufe der Zeit weitere Familien ihre Situation verbessern können. Grundprinzip ist dabei, dass die erhaltene Menge an Saatgut oder Tieren wieder zurückgegeben wird, zuzüglich eines Aufschlages von 10%, um mögliche Ernte- oder Tierverluste auszugleichen. Nur so ist zu gewährleisten, dass die einmal aufgebauten Fonds erhalten bleiben und weitere Familien einbezogen werden können. Ein nicht kalkulierbares Risiko ist bei einem Teil der Aktivitäten natürlich das Klima, so dass auch zeitweilige Rückschläge erfolgen können. Dieses Risiko können wir nur durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen verringern, aber nicht ausschalten.

Sollte das Projekt in den nächsten drei Jahren wie geplant umgesetzt werden, so werden in 36 der 59 Dörfer fast alle Kleinbauernfamilien ihre Situation nachhaltig verbessert haben und dann hoffentlich nicht mehr bei Naturkatastrophen sofort in ihrer Existenz bedroht sein. Wir können hier nur einen ersten Überblick über das gerade anlaufende Projekt geben. Wir werden aber in Zukunft regelmäßig über die Projektentwicklung berichten und dabei einzelne Maßnahmenbereiche genauer vorstellen. Auch in Berlin fordert uns dieses Projekt. Wir bekommen von der Europäischen Union 85% der Projektkosten finanziert, 15% muss der Verein über Spenden aufbringen. Es wird also jede Spendenmark in ihrer Wirkung mehr als versechsfacht. Nur wenn es uns gelingt, diese Spenden aufzubringen, erhalten wir auch die entsprechende 85%-Kofinanzierung aus Brüssel. Läuft es erfolgreich, erhalten wir über den Zeitraum von drei Jahren insgesamt fast 1,2 Millionen DM Zuschüsse aus Brüssel. Die am Projekt beteiligten Familien haben dann die Chance, ihr Monatseinkommen zu verdoppeln bis zu versechsfachen. Das stellt angesichts eines bisherigen geldlichen Einkommen von ca. 30$ bis 50$ monatlich eine wesentliche Verbesserung dar und ist ein kleiner Schritt auf dem Wege zu einem menschenwürdigen Leben, vielleicht auch die Möglichkeit, erste kleine Rücklagen für Notsituationen zu bilden und aus eigener Kraft ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten weiter zu verbessern.